Hallo zusammen,
nicht dass ich in diesen unruhigen Zeiten modellbauerisch untätig wäre, aber der Teufel steckt im Detail. Und so beschäftige ich mich seit geraumer Zeit mit unzähligen Details.
Zum Beispiel: Binderinge, fertig zum löten
Die DBC-D-Mitglieder unter euch kennen das zwar bereits, aber so langsam wächst in mir das Bedürfnis, auch hier mal zu berichten, was ich in meiner verbleibenden Freizeit so treibe.
Also: Der preußische Schienenwagen SSk Köln – Nachbau in 1:8
Kapitel 1 – Überlegungen und Vorbildsuche
Mein bisheriger Bedienwagen ist ein ungebremster Zweiachser, der Sitzplatz für nur zwei Erwachsene bietet. Auch kam ich zu der Erkenntnis, dass bei einem längeren Zug mit mehreren Mitfahrern die Lokbremse alleine nicht mehr ausreicht.
Also war die Suche nach einem passenden neuen Bedienwagen angesagt. Es sollte ein Vierachser mit zumindest Handbremse werden. Ein geschlossenes Bremserhaus mit innenliegender Bremskurbel verhindert weitgehend das Bedienen der Handbremse mit 1:1-Fingern, scheidet also aus. Und eine offene Bremserbühne gefiel mir nicht so recht. Dagegen hatte das erhöhte, offene Bremserhaus mit der daneben angeordneten, gut erreichbaren Bremskurbel des preußischen SSk Köln seinen Reiz. Auch gefallen mir schon immer Eisenbahnfahrzeuge mit Nieten im Allgemeinen und preußische Vorbilder im Besonderen.
Wie nachstehend erläutert liefen die Drehgestelle des preußischen SSk Köln wohl unter drei verschiedenen Wagen und so kam ich zu dem Entschluss, alle drei Wagen im Modell nachzubauen. Anfangen wollte ich mit dem kürzeren Plattformwagen mit 12 m Plattformlänge.
Zunächst habe ich umfangreiche Recherchen angestellt.
Auf einigen Lok-Bildern in meinem Archiv sind wenigstens noch Teile derartiger Wagen zu erkennen. Fotos ließen sich leider auch im Netz kaum finden. Am ergiebigsten ist noch die Homepage von Hermann Jahn (http://www.drehgestelle.de/).
Im Archiv Zander-Heba lassen sich auch bis heute nur einige wenige Zeichnungen finden und so ließ ich mir vom Verkehrsmuseum Nürnberg die dort noch vorhandenen Plankopien kommen:
Blatt II d 6 Plattformwagen für 30.000 kg Ladegewicht (12 m Plattform)
Blatt II d 6a Plattformwagen für 30.000 kg Ladegewicht mit 13m langer Plattform
Blatt VI d 6a Untergestell der Plattformwagen für 30.000 kg Ladegewicht mit 13m langer Plattform
Blatt VI d 45 Bremserhaus der Plattformwagen für 30.000 kg Ladegewicht
Blatt VI d 7 Drehgestell der Plattformwagen für 30.000 kg Ladegewicht
Blatt VI d 21 Bremse der Plattformwagen für 30.000 kg Ladegewicht mit 13m langer Plattform
Blatt VI d 27 Teilzeichnungen des Kastens der eisernen Kohlenwagen für 1.500 kg Ladegewicht
Kapitel 2 – Das Vorbild
Die vierachsigen Plattformwagen mit 30 t Ladegewicht nach Musterzeichnung II d 6 mit 12 m Plattformlänge bzw. II d 6a mit 13 m Plattformlänge waren insbesondere für den Transport von langen, schweren Eisenteilen wie Schienen, Walzprofilen usw. bestimmt. Deshalb wurden sie auch als Schienenwagen bezeichnet.
Um ein Anschlagseil unter dem Ladegut durchziehen zu können war eine Reihe von Fußbodenbrettern durch erhöhte Ladeschwellen ersetzt. Die Drehgestelle konnten unter dem Wagen durchgedreht werden, beim gebremsten Drehgestell musste dazu das Bremsgestänge gelöst werden. Damit war ein Befahren der in den Walzwerken häufig vorkommenden engen Kurven oder Wagendrehscheiben möglich.
Die Wagen hatten vier parallele Langträger. Die äußeren waren [-förmig nach innen gerichtet, die
I-förmigen inneren durch ein Sprengwerk versteift. Das nach einer Seite offene Bremserhaus war erhöht aufgebaut, so dass die Länge des Untergestells voll als Ladelänge genutzt werden konnte.
Bis 1909 wurde die Plattformlänge als Ladelänge angeschrieben, erst danach wurde die Ladelänge ohne Bremserhaus vermerkt.
Als Zubehör hatten die Wagen 10 (12 m Plattform) bzw. 12 (13 m Plattform) eiserne Rungen.
12 m-Plattform: Fleischmann-Modelle
13 m Plattform: Musterzeichnung
Die Wagen hatten Diamond-Drehgestelle nach Musterzeichnung VI d 7 aus Flacheisen mit Schraubenfedern und 1800 mm Radstand (12 m Plattform) bzw. nach Musterzeichnung
VI d 7 II. Auflage mit 1850 mm Radstand (13 m Plattform).
Mit den Drehgestellen mit 1800 mm Radstand gab es noch einen dritten Wagen nach Musterzeichnung II d 7 alt: ein vierachsiger stählerner Kohlenwagen für 30 t Ladegewicht mit Handbremse und 10,80 m Plattformlänge. Lediglich der Fußboden war aus Holz. Wegen der großen Länge war auch bei diesem Wagen das Untergestell durch ein Sprengwerk verstärkt. Jede Langseite hatte zwei doppelflügelige Ladetüren. Die dem Bremserhaus gegenüberliegende Stirnwand war um obere Zapfen drehbar. Da sich die Wagen im Betrieb angeblich als zu schwerfällig erwiesen hatten, wurden sie nach einer Lieferung von 200 Stück nicht mehr weitergebaut. Sie wurden in der Folgezeit in Plattformwagen umgebaut.
Kohlenwagen: 1:8-Modell von Ernst Pittenauer
Bremse: nach den preußischen Musterzeichnungen war jeweils nur das bremserhausseitige Drehgestell handgebremst. Vier Bremsklötze wirken einseitig von innen auf die Räder.
Im Merkblatt vom 1.6.1949 findet sich der Vermerk: Bremsbauart: Kunze-Knorr-Bremse [G]
Also kann davon ausgegangen werden, dass diese Wagen nachträglich wohl damit ausgerüstet wurden.
Quellen:
Horst Troche: Die preußischen Normal-Güterzuglokomotiven der Gattungen G 3 und G 4 (EK-Verlag)
Merkbuch für die Fahrzeuge der Reichsbahn/Deutschen Bundesbahn IV Wagen (Regelspur),
Teil A Ausgabe 1948, Teil B Ausgabe 1950
Internetseite Güterwagen-Drehgestelle, Homepage von Hermann Jahn: http://www.drehgestelle.de/
Wird fortgesetzt