Diese Monstrosität war bei einer Spielzeugauktion zu einem recht bescheidenen (mitteleren dreistelligen) Aufrufspreis eingestellt, so dass ich mich nicht zurückhalten konnte, und nachdem ich der einzige Bieter war, ist sie jetzt hier:
- Auf der Plakette steht "A.E. Bänninger, Lausanne 1934". Bislang habe ich nichts darüber finden können, ob es sich dabei um einem Privatmann oder um einen kommerziellen Fertiger handelte.
- Zunächst fällt die zumindest für Schlepptenderlokomotiven recht ungewöhnliche Achsfolge C1 auf, die ich (ähnlich wie z.B. bei der kkStB Baureihe U) dem Bemühen geschuldet sehe, eine große Rostfläche zwischen den Achsen unterzubringen.
Geradezu bizarr wirkt die keilförmige Frontverkleidung, die man zudem aufklappen muss, um die Rauchkammer öffnen zu können. Aber Mitte der 30er waren Verkleidungen schließlich hip.
Bislang ist es mir nicht gelungen, ein konkretes Vorbild der Lok ausfindig zu machen, so dass ich sie für ein (wenngleich halbwegs realistisches) Freelance-Modell halte.
Ich kann bei dem ungewöhnliche Aussehen der Lok nicht umhin, an die Höhlenlokomotiven aus Fritz von Herzmanovsky-Orlandos "Maskenspiel der Genien" zu denken: "Vier ächzende Lokomotiven – flachen Sparherden nicht unähnlich, ein Typ, wie er auf der Oberwelt nicht mehr gerne gezeigt wird - schoben sich dampfend und viel glühende Asche verlierend an den Reisenden vorbei." - Leider auch sehr ungewöhnlich ist die Spurweite von 3 1/4". Hier wäre, um sie auf bestehenden Vereinsanlagen einsetzen zu können, mittels neuer Radsatzwellen und Distanzplatten ein Umspuren auf 3 1/2" erforderlich. Überhaupt der Maßstab: Für Regelspur, also 1:16, hat sie viel zu große Fahrzeugumgrenzungen, die selbst das amerikanische Lichtraumprofil weit sprengen würden. Für Maßstab 1:12 hingegen würden die Abmessungen fast perfekt passen, so dass man an Meter- oder Kapspur denken könnte, wären nicht die Seitenpuffer, deren Größe und Abstand aber eh viel zu klein ist. Aber wahrscheinlich hatte man damals eh keinen konkreten Maßstab im Sinn.
Leider sind auch einige Dinge alles andere als optimal gelöst:
- Keine der Achsen ist seitverschiebbar, so dass der monströse feste Achsstand von 525mm einer akzeptablen Bogenläufigkeit entgegensteht. Ist die damals nur in geradem Gleis gefahren?! Hier wäre es zumindest nötig, die Nachlaufachse zur Adamsachse umzubauen.
- Der Wasserkasten im Schlepptender ist unnötig klein (1,4 l) und füllt diesen nur zum Bruchteil aus. Warum?
- Etliche essentielle Bedienelemente (Regler, Umsteuerhebel, Pfeife, Bläser, Schmierpumpe) befinden sich nicht auf dem Führerstand, sondern auf bzw. neben dem Langkessel. Also war offenbar weniger an eine mitfahrenden, sondern an einen neben dem Gleis stehenden Bediener gedacht?
Der Zustand ist, gemessen am hohen Alter, einigermaßen akzeptabel.
- Leider fehlen nahezu alle Bolzen des Triebwerks, aber die könnte man nachbauen.
- Auf der Backbordseite ist das Gestänge demontiert, aber größtenteils (mit Ausnahme von Schwingenkuliise und Schwingenstange) vorhanden. Geradezu mustergültig ist hingegen, dass sämtliche Räder, Stangen und Lager, selbst einige Rohrverschraubungen, mit Schlagzahlen und Punzen eindeutig nummeriert sind.
- Der geschweißte Stahlkessel ist ungewöhnlich massiv und wirkt sehr solide. Gleichwohl ist mehr als fraglich, ob ein womöglich 90 Jahre alter Kessel, zu dem natürlich auch jegliche Dokumentation fehlt, noch betriebsfähig wäre. Ich werde ihn dennoch mal spaßeshalber hydraulisch abzudrücken versuchen und dann weiterentscheiden, ob eine Neuberohrung ausreicht oder eine Neuanfertigung nötig wäre. Letztere stünde aber wahrscheinlich wirtschaftlich in keinem Verhältnis.
- Zur Speisung gibt es Backbord eine von der Gegenkurbel angetriebene Fahrpumpe und eine großzügige Handpumpe auf dem Führerstand. Zur Schmierung gibt es eine manuelle Schmierpresse auf dem Backbordumlauf sowie eine ebenfalls von der Gegenkurbel direkt angetriebene Fahrpumpe steuerbords, die aber nach einer ersten Abschätzung zu einer hoffnungslosen Überölung führen würde. Seltsam.
Ich werde das Ding zur weiteren Bestandsaufnahme und zur Reinigung mal zerlegen und mich dann entscheiden, ob ich sie nur äußerlich rollfähig komplettiere und mich über einen skurrilen Blickfang in meinem Büro freue, oder ob gar an eine betriebsfähige Aufarbeitung zu denken ist. Ich werde weiter berichten
Liebe Grüße, Moritz