Boiler treatment: Ist das hilfreich oder Snake oil?

  • Hallo zusammen.

    Ich gehöre eigentlich zur Fraktion Regenwasser und nichts als Regenwasser für den Kessel. Allerdings habe ich über den letzten Winter eine, vielleicht irrationale Furcht vor Rost entwickelt.

    Auf Youtube bin ich auf dieses Mittel gestossen. https://www.miniaturerailwayworkshop.com/product-page/m…oiler-treatment

    Ich wollte mich erkundigen ob jemand dieses oder ein vergleichbares kontinentaleuropäisches Produkt verwendet. Ob es hilft und welche Nebenwirkungen es hat.

  • Moin Simon,

    das ist wie immer eine "Glaubensfrage", probier es aus und schau wie es Deinen Erwartungen entspricht.

    Da sich dort der explizite Hinweis findet, das der Kessel auch bei Anwendung des Mittels regelmäßig abzuschlammen und auszuwaschen ist, solltest Du das wirklich machen und daran scheitern nach meiner Beobachtung sehr Viele.

    Wenn Du erst mal weniger Geld ausgeben möchtest, kannst Du dem Kesselspeisewasser auch 1 Promille "Waschsoda" zusetzen und den Kessel einmal im Jahr mit einer 5 %igen Waschsodalösung auskochen. Ich mache es seit Jahren so und bin damit gut gefahren.
    Diese Empfehlung entstammt dem Buch "Der Schiffsmaschienendienst", das der Ausbildung der Schiffsmaschinisten der Hamburger Dampfbarkassenflotte diente.

    Viele Grüße
    Dietrich

    Feinblechner können machen aus feinen Blechen feine Sachen.

  • Hallo Simon,

    Ich benutze https://balson.ch/wordpress/wp-c…4302-scaled.jpg das kesselstein Verhütungsmittel von Balson, dies benutze ich aber erst seit 3 Jahren, was ich feststellen konnte ist dass kein Kalk vorhanden ist. Mir ist allerdings ein Siederohr im Novemver in Friedrichshafen undicht geworden. Der Kessel ist ca 15 Jahre alt ist aber vorwiegend mit aufbereiteten (Ph7) und gefiltert Regenwasser betrieben worden. Rostig war der Kessel im inneren schon, allerdings ein Bekanter von mir schwört auf dieses Produkt. Glaube nicht dass es vor Rost schützt, eher gegen Kesselstein. Ein Stahlkessel der Wasser und hohen Temperaturen ausgesetzt ist rostet nun mal. 🤷

    L.G. Marc

  • Hallo

    Die Probleme mit Kesselstein hast du ja mit Regenwasser im Griff. Wenn für dich der Rost das Problem ist, dann solltest du dich um die 99,9 % der Zeit kümmern, in der der Kessel kalt abgestellt steht.

    Da gilt es den Zutritt von Feuchtigkeit und Sauerstoff zu verhindern, die für die Korrosion verantwortlich sind.

    Dieses Thema ist hier aber schon in epischer Breite diskutiert worden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas

  • Frage zu Erfahrungen mit Regenwasser in Verbindung mit Stahlkesseln:

    Ich hätte eine Frage an diejenigen, die Regenwasser in Kombination mit Stahlkesseln verwenden: Wie geht ihr mit den typischen Problemen wie Sauerstoffkorrosion, Lochfraß und Wasserreißen um?

    Aus meiner eigenen Praxis (1:1-Erfahrung) kann ich sagen, dass Regenwasser ohne entsprechende Aufbereitung grundsätzlich kritisch zu sehen ist. Neben der positiven geringen Wasserhärte ist vor allem die fehlende Pufferkapazität problematisch – der pH-Wert reagiert sehr empfindlich auf selbst geringe Mengen Säuren oder Basen. Eine stabile Einstellung ist daher nicht einfach.

    Ein zentrales Problem ist der mit dem Regenwasser eingetragene Sauerstoff. Um diesen zu binden, sind chemische Sauerstofffänger notwendig. Klassisch wurde hier Hydrazin eingesetzt – ein hochwirksames, aber auch toxisches und krebserregendes Mittel. In der Vergangenheit war es unter dem Handelsnamen Levoxin bekannt, was auch zu dem etwas makabren Spruch „Levoxin – und du bist hin“ führte (z. B. bei der ÖBB).

    Mittlerweile gibt es alternative Produkte mit geringerer Gesundheitsgefährdung, allerdings können diese die Schwebstoffbelastung im Kesselwasser erhöhen. Mit regelmäßigem Abschlammen lässt sich das in der Regel gut kontrollieren.

    Ein weiterer kritischer Punkt ist die Beschaffenheit des gesammelten Regenwassers selbst. In Zisternen oder ähnlichen Auffangsystemen ist es oft mikrobiologisch belastet – Biofilme, organische Substanzen und Mikroorganismen sind keine Seltenheit. Diese können die Schaumbildung im Kessel deutlich erhöhen.

    In einem konkreten Fall musste ich miterleben, wie ein neuwertiger Kessel innerhalb kürzester Zeit massiv beschädigt wurde – durch eine Kombination aus Halbwissen, mangelnder Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Thema Kesselwasseraufbereitung und fehlender Konsequenz im Betrieb.
    Zum Vergleich: Selbst deutlich ältere Kessel (>40 Jahre) im Planbetrieb zeigten weniger Substanzverlust als das was ich da vor kurzem sehen musste. ;(

    Die Ursachen lagen aus meiner Sicht u. a. in folgenden Punkten:

    1. Fehlerhafte Feuer- und Wasserführung – Wasserreißen wurden fälschlich gänzlich auf Schaumbildung zurückgeführt.
    2. Die Verantwortung wurde der Wasseraufbereitung zugeschoben, ohne sich ernsthaft mit ihr zu beschäftigen; in der Folge wurde sie vernachlässigt oder gar ganz eingestellt.
    3. Abschlammarmaturen wurden aus Angst vor Undichtigkeit nicht benutzt, anstatt sie instand zu setzen.

    Natürlich kann es sein, dass bei kleinen Kesseln mit kurzer Betriebsdauer – insbesondere bei welchen, die nach jeder Fahrt entleert werden – manche Probleme wie Sauerstoffkorrosion weniger stark auftreten. Dennoch stellt sich mir die Frage, ob Regenwasser unter diesen Bedingungen tatsächlich unbedenklich bleibt oder ob es langfristig dennoch zu Schäden führt.
    Mich würde einfach eine kurze Sichtweise aus der langjährigen Praxis dazu interessieren.

  • Hallo Florian,

    in einem meiner Vereine fahren wir seit nahezu 30 Jahren mit Regennwasser.
    Keine Probleme. Eine Lok eines Kollegen neigte ab und zu zu Wasserreißen, beim Anheizen 1/2 Tablette Lefax in den Wassertank und gut war s.

    Standzeit Stahlkessel > 25 Jahre.

    Volker

  • Hallo

    Bei uns bekommen die Dampflokomotiven seit 20 Jahren enthärtetes Wasser aus einem Kationentauscher. Das ist ein Ionentauscher, wie er aus der Spülmaschine bekannt ist, er wird mit Kochsalz regeneriert.

    Die Wasserhärte ist dabei immer unter 1 Grad DH. Wir prüfen das automatisch mit dem Leitwert Prüfgerät, das an unserer Enthärtungsanlage angebracht ist. Die Konzentration der Kationen liegt bei 4 bis 6 mg/l.

    Irgendwelche Nachteile wie Schäumen etc. konnten wir bisher nicht feststellen. Da wir als Rohwasser Leitungswasser verwenden, haben wir im Wassertank auch keinen Schlamm oder Ablagerungen. Da unser Wassertank aus einem Tankwagen besteht, der im Winter entleert werden muss, wird er dadurch auch jedesmal sauber.

    Hier ein Bild:

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas

  • Hallo in die Runde,

    Ich fahre seit 2009 einen Stahlkessel (Vrenli nach Wittmann) mit eingelöteten Kupferrohren. Stahl braucht einen ph-Wert von über 9 für einen passiven Korrosionsschutz (Regenwasser hat einen ph-Wert von unter 7). Ich fahre seit Beginn an demineralisiertes Wasser (über eine Osmoseanlage erzeugt oder wenn nicht verfügbar destilliertes Wasser aus dem Baumarkt). Für den weiteren Korrosionschutz wird CETAMINE hinzugefügt. Dies hebt den ph-Wert auf den gewünschten Wert und erzeugt zusätzlich auf den Oberflächen im Kessel eine Art Kunststofffilm der verhindert, dass eine Sauerstoffkorrosion stattfinden kann. Abschlammen ist nicht mehr erforderlich. Bei Betriebsende wird der Kessel voll gefüllt bis aus den Sicherheitsventilen Wasser austritt(Drucklos). So ist der Kessel auch im kalten Zustand sicher konserviert.

    Torsten

    Einmal editiert, zuletzt von Steam2009 (2. Mai 2025 um 11:18)

  • Hallo

    Angst ist ein schlechter Berater!

    Vielleicht sollte man ja mal schaun, woran unsere Kessel tatsächlich versagen.

    Ich habe bisher erst einen einzigen Kesselschaden selbst erlebt.

    Das war ein über zwanzig Jahre alter Stahlkessel mit eingewalzten Kupfer Installationsrohren als Rauchrohre.

    Da war von einem Moment zum anderen plötzlich das Feuer aus, weil eins der Rauchrohre undicht geworden war. Allerdings war das Leck nicht an der Feuerbüchsseite, sondern an der Rauchkammerrohrwand. Es waren vor allem die beiden Rauchrohre in der Mitte hinter dem Blasrohr, die seitlich nur noch Papierdünn waren.

    Ursache war jahrzehntelanges Scheuern mit der Rohrbürste, die besonders beim Zwingen um die Ecke hinter dem Blasrohr mit dem gewendelten Draht der Griffverlängerung seitlch am Rauchrohr schliffen. Dazu dann noch die Lösche als Schleifpaste, dann kann sich jeder selbst ausrechnen, wann von einem Millimeter Kupfer nichts mehr übrig ist.

    Zur Überholung des Kessels mussten alle Rohre getauscht werden. Da sie nur eingewalzt waren war die Prozedur bei eingebautem Kessel an einem Samstag Nachmittag erledigt.

    Die Stahlkonstruktion war übrigends weder an der Feuerbüchse, noch am Langkessel Reparaturbedürftig.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas

  • Hallo zusammen

    Hier unser Wasserturm im aktuellen Ausbaustand.

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    Bisher hatte der Wasserturm einen anderen Standort auf der Anlage, so dass ich das Regenwasser in einem separaten Fass gesammelt habe und dann jeweils mit Giesskanne oder Fasspumpe den Turm befüllen musste.


    Jetzt neu wird der Turm mit dem Dachwasser meiner Remise befüllt. Dabei werden grobe Partikel zuerst in der Dachrinne, dann nochmals durch einen engmaschigeren Filter beim Einlauf gefiltert. Kleinere schwere Partikel können sich absetzen, und ich achte darauf den Wasserstand nie zuweit abzusenken um schwebende Partikel in die Lokomotive zu füllen.


    Falls sich im Fass Algen bilden werden diese mit einem grossen Küchensieb herausgefischt. Beim Befüllen der Tender wird das Wasser erneut durch ein normales Küchensieb gefiltert. Was jetzt noch durch kommt merken unsere grobschlächtigen Lokomotiven gar nicht.


    Wie ihr auf meinem Profilbild seht, nutzen wir nicht schon immer und auch nicht ausschliesslich Regenwasser. Ich merke beim Fahren aber keinen Unterschied.

  • Hallo,

    eine Stück Kupferblech im Wasserbehälter soll Algenbildung vorbeugen.
    Bei meinem Arbeitgeber hatten wir im Empfang eine Marmorkugel als Brunnen, da bildete sich regelmäßig eine Schleimschicht auf der Kugel. Mit einem Stück Kupferblech im Behälter verlangsamte sich die Bildung erheblich.

    Volker